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Steuerfalle bei „abfindungsloser“ Gesellschaftsbeendigung?

In gesellschaftsrechtlichen Konstellationen gibt es vielfach Fälle, in denen der eine oder andere Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, ohne dass er eine (wertgerechte) Abfindung für sein Ausscheiden erhält. So sehen gerade familiär gebundene Gesellschaften in ihren Satzungen oftmals zur Erhaltung des Unternehmens Abfindungsregelungen vor, die unterhalb des (rechtlich prinzipiell geschuldeten) Verkehrswerts liegen. Oder man hat, aus welchen Gründen auch immer, eine Abfindung z.B. nur auf Basis des Einlagewertes vereinbart, etwa bei Mitarbeiterbeteiligungen.

Zivilrechtlich ist das regelmäßig unproblematisch und spiegelt in den meisten Fällen auch tatsächlich nachvollziehbare Motivationen der Anteilsinhaber wider. Allerdings kommt einem in solchen Situationen – wie so oft – womöglich das Steuerrecht in die Quere, welches für bestimmte Konstellationen Schenkungsteuertatbestände fingiert: So sieht § 7 Abs. 7 ErbStG vor, dass

,,als Schenkung … auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils … auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft (gilt), soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt …“

 

Die Differenz zwischen Verkehrswert und Abfindungswert wird danach also beim insoweit ,,Begünstigten“ wie eine Schenkung besteuert.

In einem kürzlich vom Finanzgericht München entschiedenen Fall lag eine von der Sache her vergleichbare Konstellation des Ausscheidens eines Gesellschafters vor, die allerdings einen (entscheidenden) Unterschied hatte: Dort geschah die prinzipiell durch das Schenkungsteuerrecht zu erfassende Wertsteigerung der Beteiligungserhöhung des verbliebenen Gesellschafters nicht durch eine (untechnisch gesprochen) „Anwachsung“ des Gesellschaftsanteils des ausgeschiedenen Gesellschafters. Sondern die Parteien hatten sich auf eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Anteils (sogar) gänzlich ohne Abfindung geeinigt. Die Satzung hatte insoweit nur vorgesehen, dass bei einer Kündigung der Beteiligung jedenfalls der Buchwert der Beteiligung (also die Stammeinlage) als Abfindung geschuldet sei.

 

Das Finanzgericht München hat differenziert: Soweit der Erwerber des Anteils, also der verbleibende Gesellschafter, noch nicht einmal als Gegenleistung für die rechtsgeschäftliche Übertragung des Anteils den Beteiligungsbuchwert als Abfindung zahlen musste, nahm das Finanzgericht zwar eine steuerpflichtige Schenkung an, die sich auf Grund der Freibeträge allerdings schenkungsteuerlich nicht auswirkte.

 

Hinsichtlich des „Verzichts“ des Ausgeschiedenen auf eine Abfindung in darüber hinausgehender Höhe bis zum Verkehrswert der Beteiligung hingegen verneinte das Finanzgericht eine Schenkung, da der Tatbestand einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Anteils quasi „zum Nulltarif“, ohne dass hierbei zwischen den Parteien auch subjektiv eine Schenkung vereinbart worden sein sollte (so lag der Fall hier), nicht im Erbschaftsteuergesetz, insbesondere nicht in § 7 Abs. 7 ErbStG geregelt sei. Da die Satzung als notariell beurkundetes Grundlagendokument eine Abfindung nur zu Buchwerten vorsehe, hätten sich die Parteien – zumindest, soweit der „Abfindungsverzicht“ über die Einlagehöhe hinausgegangen sei – auch nur an das gehalten, was sie von Anfang an vereinbart hatten. Da der ausscheidende Gesellschafter zudem auch bei seinem Eintritt in die Gesellschaft lediglich zur Erbringung der Einlage verpflichtet gewesen sei, sei nicht zu beanstanden, gleiches auch bei Austritt zu regeln. Eine Schenkung sei hier nicht gegeben.

Auch wenn die vorgestellte Entscheidung nur diesen Einzelfall betrifft und zwischenzeitlich vom Bundesfinanzhof überprüft wird, so eröffnet sie doch Gestaltungspotential: Denn danach kann – zumindest bei Abwägung aller Risiken des Einzelfalls – auf Grundlage des Erbschaftsteuergesetzes argumentiert werden, dass der Gesetzgeber die rechtsgeschäftliche Anteilsübertragung tatsächlich nur dann (schenkung-)besteuern wollte, wenn auch tatsächlich subjektiv eine Schenkungsabsicht vorliegt. Ist das nicht der Fall, greift nach dem FG München auch bei „Abfindung unter Wert“ nicht die Fiktion des § 7 Abs. 7 ErbStG, wenn man, wie im Streitfall, auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (zum Beispiel auch zur Streitvermeidung beim Gesellschafterstreit, zur Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen etc.) eine entsprechende rechtsgeschäftliche Übertragung (statt eines Übergangs durch ,,Anwachsung“) vereinbart.

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