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Retten Sie Verlustvorträge – Die Vermeidung des § 8 c KStG

Schon seit einigen Jahren schlagen sich die Beraterschaft und die Steuerpflichtigen mit den Auswirkungen des § 8 c KStG, also der Vorschrift zum Verlustuntergang bei der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, rum. Denn der Gesetzgeber sah es für regelungsbedürftig an – abgeleitet aus der frühren Mantelkaufsregelung – den „Handel mit Verlustvorträgen“ bei Kapitalgesellschaften zu unterbinden. Seit der Geltung des § 8 c KStG gehen folglich sämtliche Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft unter, sollte ein Anteilseignerwechsel von mehr als 50 % stattfinden. Liegt der Anteilseignerwechsel lediglich über 25 %, so gehen die Verlustvorträge quotal entsprechend der Anteilsübertragung unter.

Dass mit dieser Regelung nicht nur die im Visier stehenden „Missbrauchsfälle“ getroffen werden, erscheint offensichtlich, da es unzählige Konstellationen gibt, bei denen der Übergang von Verlustvorträgen nicht das Ziel der Transaktion ist (z.B. in Sanierungsfällen), sondern lediglich ein Nebeneffekt, der allerdings dem objektiven Nettoprinzip – denn die GmbH hat ja über die Vergangenheit Verluste zu tragen gehabt, und ist folglich weniger leistungsfähig –  entspricht. Im Gießkannenprinzip wurden „gute“ und „schlechte“ Steuerpflichtige  getroffen.

Der Hoffnung des Gesetzgebers, durch eine so genannte Sanierungsklausel im § 8 c Abs. 1 a KStG den steuerlichen Kollateralschaden zu begrenzen, ist die europäische Kommission entgegengetreten, die in der Regelung, die einen Verlustübergang bei Sanierungstransaktionen ausnahmsweise gestattet, eine beihilferechtswidrige Klausel vermutet. Unternehmen können auf die Entschärfung also nicht bauen.

In der Beratungslandschaft ist es daher gerade in Sanierungskonstellationen, bei denen der Einstieg eines Investors mit einer mehrheitsbrechenden Beteiligung die einzige Chance des Unternehmens ist, die Krise zu überwinden, angebracht, mit Gestaltungsmitteln den Schaden des § 8 c KStG möglichst gering zu halten. Eine Gestaltung hat der BFH in seiner Entscheidung vom 12.07.2012 abgesegnet:

Steht einem Gesellschafter einer krisenbelasteten GmbH mit Verlustvorträgen eine Transaktion bevor, die aufgrund der mehrheitsverschaffenden Verfügung den Untergang der Verlustvorträge gemäß § 8 c KStG auslösen wird, so ist dem Gesellschafter zu raten, die Verlustvorträge der Gesellschaft noch vor Übertragung der Geschäftsanteile durch die Generierung von (außerordentlichen) Erträgen weitestmöglich zu verbrauchen.

Denn für die Frage, wie viel Verlustvortrag untergeht, kommt es auf den Stichtag der Übertragung an. Bis zum Stichtag entstandene Gewinne können also dem Verlustvortrag gegengerechnet werden).

Sinnvoll ist hier beispielsweise die Möglichkeit, dass ein Gesellschafter auf ein der GmbH gewährtes Darlehen verzichtet, allerdings nur gegen Besserungsschein. Dies führt steuerlich nach dem BMF-Schreiben vom 02.12.2003 in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung zu einem außerordentlichen Ertrag auf Ebene der Gesellschaft, und damit zu einer Saldierungsgröße, die den Verlustvortrag (anteilig) aufbraucht. Nach der Saldierung kann der Geschäftsanteil übertragen werden, ohne dass – zumindest insoweit – Verlustvorträge untergehen. Der besondere Effekt zeigt sich allerdings erst nach der Transaktion:

Denn nun kann ja der Investor mit frischem Kapital oder anderen Synergieeffekten die Gesellschaft wirtschaftlich wieder hochfahren, so dass der Fall der Besserung eintritt. In diesem Moment lebt die Forderung wieder zum vollen Wert auf, was in der GmbH Aufwand generiert. Dieser Aufwand ist den künftigen Gewinnen der GmbH gegenüberzustellen. Im Ergebnis kann auf diese Weise der Verlustvortrag über die Zäsur des Anteilsverkaufs „rübergerettet werden“.

Beispielsfall:

Eine GmbH hat einen Verlustvortrag von 300 TEUR. Der Alleingesellschafter A ist Forderungsinhaber gegenüber der GmbH in Höhe von (nicht werthaltigen) 300 TEUR.

Er schließt einen Forderungsverzicht gegen Besserungsabrede mit seiner GmbH ab und überträgt nach Wirksamwerden dieser Vereinbarung 60 % seiner Geschäftsanteile an einen strategischen Investor, der nach der Übertragung mit seinem Know-How in der Lage ist, die GmbH wieder in die Gewinnzone zu führen. Die GmbH macht bereits im ersten Jahr nach Übertragung einen Gewinn (vor Verbuchung der Besserungsabrede) von 300 TEUR.

Der Forderungsverzicht vor Anteilsübertragung führt dazu, dass der Gesellschaft ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von 300 TEUR entsteht. Dieser Ertrag wird nicht steuerpflichtig, da er vom Verlustvortrag der GmbH kompensiert wird. Nach Übertragung der Geschäftsanteile und ohne Untergang von Verlustvorträgen (weil verbraucht vor Übertragung) revalutiert aufgrund der erfolgreichen Sanierung der Gesellschaft die Forderung des Gesellschafters gegenüber der GmbH, so dass ein außerordentlicher Aufwand in Höhe von 300 TEUR entsteht. Dieser Aufwand mindert nun den Gewinn der GmbH auf 0. Damit erspart die GmbH die körperschaftsteuerliche Erfassung ihres Jahresergebnisses von 300 TEUR mit einer Steuerbelastung von knapp 30 %, und erzielt somit einen Steuerspareffekt von etwa 90 TEUR. Es kommt sozusagen zu einem „Verlustsprung“ von der „GmbH vor Übertragung“ auf die „GmbH nach Übertragung“, und damit zu einer die Restriktion des § 8 c KStG eingrenzenden Wirkung.

Richtig dosiert kann diese Gestaltung gerade in Krisen belasteten Zeiten sinnvoll eingesetzt werden, um das zarte Pflänzchen Hoffnung, das regelmäßig ein Investor mitbringt, nicht durch steuerliche Belastungen zu erdrücken.

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