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Finanzierung einer Kapitalgesellschaft in der Krise

Die Führung einer krisenbelasteten Kapitalgesellschaft ist ohnehin schon ein Feld, das vom Geschäftsführer ein erhebliches Augenmaß abfordert und mit einer hohen Haftungsrelevanz einhergeht. Leichter hat es da der Gesellschafter, der in der Regel aufgrund der beschränkten Haftung zumindest eine persönliche Haftung nicht befürchten muss. Er denkt allerdings über sein Investment nach und wird bei entsprechenden Perspektiven an einer Weiterfinanzierung der Gesellschaft interessiert sein. Ihm stellt sich dann die Frage, welchen Weg der Finanzierung er wählt:

Eigenkapital oder Fremdkapital
Zum einen steht ihm hier die Möglichkeit zur Verfügung, der Gesellschaft weitere Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite hat er die Chance, der Gesellschaft Fremdkapital zur Verfügung zu stellen. Dazwischen liegen mezzanine Finanzierungsmöglichkeiten und Mischgestaltungen, wie z.B. Herabsetzung der Miete, des Geschäftsführergehaltes und ähnliche Überlegungen.

Steuerliche Überlegungen
Bei den Überlegungen sind steuerliche Aspekte häufig federführend. Bislang war es so, dass der Gesellschafter nicht selten zur Fremdfinanzierung griff, da er mit dem Weg der Fremdfinanzierung einen Vorteil erzielte: Er konnte die Mittel bei Besserung der Gesellschaft wieder ohne Steuerbelastung aus der Gesellschaft herausbekommen. Dieser Weg ist bei Eigenkapitalfinanzierungen wegen der Ausschüttungsfiktion gemäß § 27 Abs. 1 KStG häufig nicht in gleicherweise möglich.

Bislang war der Weg der Fremdmittelhingabe auch steuerlich insofern unproblematisch, als die Hingabe von Krisendarlehen/Finanzplandarlehen/Rangrücktrittsdarlehen zu einer steuerlichen Anerkennung im Falle des Ausfalls führte, so dass dem Gesellschafter zumindest die teilweise Abzugsmöglichkeit der Fremdmittelhingabe „wie bei Eigenkapital“ als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung möglich war.

Rechtsprechungsänderung des BFH
Der BFH hat mit dieser Tradition gebrochen und die bisherige Auffassung bei sogenannten Eigenkapitalersatzmitteln steuerlich über den Haufen geworfen.Die Quintessenz lautet, nach der neuen Rechtsprechung: Die Hingabe von Darlehen aus dem Privatvermögen an eine Kapitalgesellschaft bleiben stets „Privatvergnügen“ und im Falle des Ausfalls steuerlich außer Betracht. Gleiches gilt für die Inanspruchnahme des Gesellschafters aus gewährten Bürgschaften im Falle der Krise.

Mit Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechtes durch das sogenannte MoMiG im Jahre 2008 sei auch steuerlich der Wegfall des Eigenkapitalersatzrechtes zu berücksichtigen und entsprechend die Hingabe eines Darlehens nicht mehr gleichzusetzen mit der Hingabe von Eigenmitteln, was die Anwendbarkeit von nachträglichen Anschaffungskosten ausschließe.

Überlegungen zur Rettung etwaiger Verluste
Dies wirft nun die Frage auf, wie sich Gesellschafter einer krisenbehafteten Kapitalgesellschaft in Zukunft verhalten. Für eine Übergangszeit (Verwirklichung des Sachverhaltes bis zum 27.09.2017) gewährt der BFH in seiner Rechtsprechung zwar einen Vertrauensschutz. Alle Neu-Fälle müssen allerdings mit der Entscheidung neu gedacht werden:

Eigenkapital
Eine Möglichkeit wird es sein, künftig die Gesellschaft durch die Bereitstellung von Eigenmitteln finanziell zu stärken, also eine offene oder verdeckte Einlage in die Gesellschaft zu tätigen, z.B. durch offene Einlage in die Kapitalrücklage. So ist die Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten sichergestellt. Zugleich ist aber auch klar, dass die Rückzahlung dieser Einlage nur noch nach der Verwendungsreihenfolge des § 27 KStG möglich wird (siehe oben).

Verdeckte Einlage durch Fremdkapitalmittel mit Bedingung
Alternativ dazu kann (hier nur kursorisch) überlegt werden, die Mittel doch als Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, allerdings mit einer solchen Bedingung belegt, die eine Rückzahlung des Darlehens nur aus künftigen Gewinnen versieht. Denn solche Verbindlichkeiten werden steuerlich gemäß § 5 Abs. 2a EStG nicht passiviert, solange nicht die Bedingung eingetreten ist. Die handelsrechtliche Einbuchung der Darlehensverbindlichkeit wird durch eine Ausbuchung in der Steuerbilanz und Berücksichtigung einer sogenannten verdeckten Einlage neutralisiert. Konsequenterweise müsste dann auch der BFH akzeptieren, dass diese „verdeckte Einlage“ nachher als nachträgliche Anschaffungskosten zu würdigen ist, kommt es nicht mehr zum Eintritt der Bedingung. Eine Restunsicherheit bleibt freilich.

Atypisch stille Beteiligung
Eine weitere Alternative kann in der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung liegen, die zwischen der Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaber und dem Gesellschafter als atypisch still Beteiligten abgeschlossen wird. Hierdurch wird eine sogenannte Mitunternehmerschaft begründet, die es ermöglicht, etwaige Verluste, die über die atypisch stille Beteiligung dem still Beteiligten zugerechnet werden, sofort auf dessen Privatvermögensebene steuerrechtlich zuzuweisen. Ein Verlustabzug ist in voller Höhe und ohne Verrechnungsbeschränkung möglich.

Das bedeutet letztlich, dass die Mittelhingabe (hier in Form der atypisch stillen Beteiligung) den möglichen Ausfall der Einlage steuerlich für den Gesellschafter nutzbar macht. Freilich gehen mit der Begründung der atypisch stillen Gesellschaft auch weitere Rechtsfolgen einher, die sorgsam im Gesamtkonzept abzuwägen sind, wie z.B. im Gewinnfalle die unmittelbare Versteuerung mit dem privaten Steuersatz, statt der „flat tax“ der Kapitalgesellschaft. Ohne detaillierte Prüfung des Einzelfalls ist eine Umsetzung nicht zu empfehlen.

Fazit
Die Entscheidung des BFH wird noch für viel Bewegung im Markt sorgen, da sich die Unternehmen auf die neue Wertung des BFH einstellen müssen und doch erhebliche Steuereffekte neu zu planen sind. Ohne eine Beratung im Einzelfall wird es nicht gelingen, den Gesellschafter einer solchen Kapitalgesellschaft vor steuerlichen Nachteilen zu schützen. Ansätze zur Lösung des Problems sind allerdings bereits sichtbar.

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