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Steuerrecht: Gewinn trotz Verlust?

Das Steuerrecht schafft schon einige Blüten! Im Streitfall hatte ein Kommanditist seinen KG-Anteil zum Nulltarif auf den Komplementär übertragen, so dass man prima vista meinen sollte, hier kann er doch einen Gewinn nicht erzielt haben: Denn Null ist Null!

Aber weit gefehlt: Im (abgewandelten) Streitfall vor dem BFH hatte der Kommanditist ein Minuskapital, das in der Vergangenheit durch Ausschüttungen an ihn entstanden war. Die Ausschüttungen beruhten aber allesamt auf ordentlichen Gesellschafterbeschlüssen, so dass der Kommanditist handelsrechtlich diese Gelder zu Recht bezogen hatte: Er musste sie nie zurückzahlen.

Bei der Kommanditgesellschaft ist das eben so, dass dann, wenn der Kommanditist Liquidität von der Gesellschaft im Rahmen der Gewinnausschüttung erhält, er diese stets behalten kann, auch wenn sich später herausstellt, dass der Gewinn gar nicht in ausreichender Höhe vorhanden war. Dann ist das eben ein Problem für den Komplementär, dessen Haftungspotential im Ergebnis insoweit vergrößert wurde, wie der Kommanditist „bereichert“ worden ist.

Im erwähnten Streitfall hatte der Kommanditist ohne entsprechende Gewinnerzielung ebenfalls Gelder bekommen, für die sich das Haftungspotential zu Lasten des Komplementärs erweitert hat: Der Kommanditist konnte jedenfalls darauf vertrauen (jedenfalls handelsrechtlich), keinem KG-Gläubiger gegenüber hierfür jemals haften zu müssen.

Das Steuerrecht aber kam zu einer anderen Beurteilung: Der Kommanditist haftet zwar nicht mehr darauf, das Kapital zurückzuzahlen, aber das Negativ-Kapital ist ja nun einmal da. Wenn dann der Kommanditist ausscheidet, wächst dieses Negativkapital den übrigen Gesellschaftern (hier: dem Komplementär) an, so dass sie künftige Gewinne, die sie bekommen, mit dem vom Ausgeschiedenen übernommenen negativen Kapital saldieren.

In jedem Fall werde also das negative Kapital des Ausgeschiedenen irgendwann in Zukunft doch eine Wirkung entwickeln, die zur Kapitalminderung der das Minuskapital übernehmenden Mitgesellschafter führen wird. Das veranlasste dann den BFH zu erkennen, folglich müsse auch der ausgeschiedene Kommanditist zwar nicht für sein Negativkapital haften, aber er realisiere in dieser Höhe immerhin einen Gewinn.

Das Ganze ist nicht verständlich: Der ausgeschiedene Kommanditist realisiert doch gar nichts! Er bekommt nichts, hat zwar in der Vergangenheit etwas bekommen, was sich haftungserhöhend für den Komplementär ausgewirkt hat: Für eine steuerliche Belastung des Ausgeschiedenen, weil er „reicher“ geworden sei, besteht aber kein Anlass.

Dass bei Übergang des negativen Kapitals dann dieses auf die Mitgesellschafter verteilt wird, mag zwar stimmen, ist aber mindestens beim Komplementär, der ja unbeschränkt haftet, ohne jede wirtschaftliche Auswirkung: Denn ob er viel oder wenig Kapital ausweist, hat auf seinen Haftungsumfang keinen Einfluss; wird dagegen das Kapital der Kommanditisten, sollten sie Kraft Anwachsung das Negativ-Kapital des Ausgeschiedenen übernehmen, vermindert, so verlieren sie in Zukunft wohl Verrechnungsmasse, um entstehende Verluste mit ihrem Kapital ausgleichen zu können, was bei ihnen zu der negativen Folge führt, dass sie lediglich verrechenbare, aber keine abzugsfähigen Verluste mehr bekommen: Der so zu verbuchende Verlust mindert jedoch nicht ihre Steuerbelastung! Der längst ausgeschiedene Kommanditist hat eh nichts davon.

Das Urteil ist deshalb nicht nachvollziehbar, es belastet den ausgeschiedenen Kommanditisten mit einer Steuer, für die er nie einen Erwerbstatbestand verwirklicht hat.

Kurios! Gleichwohl: Vorsicht ist geboten!

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