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Datenschutz im Due-Diligence-Prozess – ein Pferdefuß im Rahmen der Strukturierung des Prozesses?

Einführung

Die Interessenbekundungen werden intensiver und die Unterzeichnung der Geheimhaltungsverpflichtung naht. Schrittweise wird das Team für den Datenraum bestimmt. Typischerweise folgt im nächsten Schritt die erste Anforderungsliste betreffend die Offenlegung aller unternehmensrelevanter Informationen im Hinblick auf die Zielgesellschaft. So, oder so ähnlich laufen in der Regel die Prozesse im Rahmen eines Unternehmensverkaufs ab. Und wohl dem, der von Anfang an gut beraten ist:

Denn nicht selten enthält bereits diese erste Anforderungsliste zur Risikoüberprüfung der Zielgesellschaft (due-diligence) die Aufforderung zur Übermittlung solcher Daten, die nicht oder zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt offengelegt werden sollten und dürfen. Dies betrifft insbesondere personenbezogene Daten, die unter dem besonderen Schutz der DSGVO stehen.

Zulässigkeit der Weitergabe

Die Zulässigkeit der Weitergabe solcher Daten richtet sich zunächst danach, auf welcher Grundlage generell eine Übermittlung stattfinden darf, was insoweit auch von der Art der zu übermittelnden Daten abhängt. Klar und insoweit unstreitig ist, dass die Offenlegung von Daten eine relevante Verarbeitungshandlung nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO darstellt.

Zu beachten und von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass bereits die Ausstattung des Datenraums als Anknüpfungspunkt einer relevanten Verarbeitungshandlung anzusehen ist, sodass sich über entsprechende Legitimationsgrundlagen im Vorfeld Klarheit zu verschaffen ist.

Wie aus der Umsetzung der DSGVO bekannt ist, wird die Offenlegung wahlweise über die Einwilligung des Betroffenen oder das Vorliegen eines gesetzlichen Erlaubnistatbestand legitimiert. In Betracht kommt hierbei Art. 6 DSGVO, welcher unter dessen Ziffer f) eine Offenlegung dann ermöglicht, soweit diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist.

Aus Verkäufersicht sind die relevanten Informationen insoweit offenzulegen, als dass diese dem Käufer ein entsprechend umfängliches Bild von der Zielgesellschaft ermöglichen. In rechtlicher Hinsicht wird dieser Zweck von den gesetzlichen Erlaubnistatbeständen der DSGVO umfasst, da die rechtlichen und wirtschaftlichen Implikationen einer Transaktion ein von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse darstellen.

Erforderlichkeit der Weitergabe

Die entscheidende Fragestellung wird aber häufig übersehen:

Ist die Weitergabe bzw. volle Offenlegung der Daten erforderlich?

Hier gilt das altbekannte Anwaltssprichwort: „Es kommt drauf an“!

Der Umfang der erforderlichen Weitergabe kann im Einzelfall nur anhand der jeweils konkret in Rede stehenden Daten einer abschließenden Beurteilung zugeführt werden. Vorab kann aus der Erfahrung heraus aber bereits gesagt werden, dass im Hinblick auf die Übermittlung von Daten häufig eine weniger belastende Alternative als milderes Mittel zur Wahrung der Betroffenengrundrechte in Betracht kommt. So können Daten in der Regel unproblematisch in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Auch ist die Offenlegung generischer Daten in der Regel nie ein Problem. Als Hilfestellung aus Verkäufersicht kann hierbei die Frage danach dienen, welches Informationsinteresse eigentlich hinter der Anfrage des Käufers steht. Diesem wird es in der Regel weniger darum gehen, den Namen aller einzelnen Mitarbeiter des Zielunternehmens zu kennen, sondern vielmehr darum, einen Einblick in bestehende Mitarbeiterstrukturen zu erhalten.

Als probates Mittel in der Praxis haben sich diesbezüglich beispielsweise anonymisierte Lohnlisten erwiesen. Auch wird es einem potenziellen Käufer in der Regel weniger darauf ankommen, jeden einzelnen Arbeitsvertrag zu sichten. Hier reichen in der Regel solche Vertragsunterlagen aus, die üblicherweise mit Mitarbeitern vereinbart worden sind, da diese die entsprechend relevanten Daten, wie beispielsweise den Urlaubsanspruch oder Kündigungsfristen, enthalten. Anders kann die Prüfung bei Vorliegen mehrerer Hierarchieebenen ausfallen, da hier für Führungskräfte teilweise Sonderkonditionen gewährt werden, wie beispielsweise Pensionszusagen und Tantiemen, deren Kenntnis je nach Anzahl entsprechend relevant und werthaltig für eine saubere Bewertung ist.

Zeitpunkt der Weitergabe, sensible Daten

Weiterhin ist auch der Zeitpunkt der Weitergabe zu beachten. Je weiter der Due-Diligence-Prozess voranschreitet, desto eher dürfte eine Rechtfertigung im Sinne einer Zulässigkeit betreffend die Weitergabe gegeben sein. Besondere Vorsicht ist bei sensiblen Daten, wie beispielsweise aus dem Gesundheitswesen, zu wahren.

Hier besteht nicht nur vor und während der Transaktion, sondern selbst nach erfolgreichem Abschluss einer Transaktion eine besondere Pflicht zur Beachtung der datenschutzrechtlichen Verpflichtungen fort.

Im Falle der Übertragung einer Arztpraxis, beispielsweise, darf der Käufer mit Übernahme der Praxis nicht automatisch in die Behandlungsverträge mit den Einzelpatienten eintreten. Deren personenbezogenen Daten bleiben dem Käufer grundsätzlich erst einmal verschlossen.

In Form des sogenannten „Zwei-Schrank-Modelles“ erfolgt dann die sukzessive Transaktion dieser Daten. Hierbei werden die Patientenakten in zwei getrennten Schränken aufbewahrt und erst bei einer Folgekonsultation des Arztes durch den entsprechenden Patienten darf dieser den Schrank öffnen, da in dem Verhalten des Patienten die konkludente Abgabe auf Abschluss eines neuen Behandlungsvertrags gesehen wird. Auch hier ist aber die ordnungsgemäße Umsetzung zu beachten: Der ausscheidende Arzt wird in den seltensten Fällen ein Interesse daran haben, die Daten selbst zu verwahren. Es besteht für ihn aber eine zehnjährige gesetzliche Aufbewahrungsfrist, § 630 f Abs. 3 BGB. In der Praxis wird daher über den Abschluss eines zwischen Verkäufer und Käufer abzuschließenden Verwahrungsvertrages eine adäquate Lösung gefunden, wobei Zugriff auf den „alten“ Schrank nur der bisherige Inhaber haben darf.

Fazit

Dies alles sind Auswirkungen, die am Anfang einer Transaktion leicht in den Hintergrund gerückt werden, obschon diese für das jeweils in Rede stehende Geschäftsmodell von außerordentlicher Bedeutung sind. Frühe Beratung schützt vor späteren Hemmnissen und Schäden.

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