Direkt zum Inhalt wechseln

Verlustvorträge: § 8 c KStG: Verlustverlust ist teilweise verfassungswidrig

Schon seit langem ist der § 8 c KStG in aller Munde, da er eine für Unternehmer oft nicht nachvollziehbare Regelung enthält: So ist dort geregelt, dass Verlustvorträge von Kapitalgesellschaften teilweise bzw. vollständig untergehen, sollte auf Ebene der Anteilseigner ein Gesellschafterwechsel von mehr als 25%, aber maximal 50 % bzw. ein solcher von mehr als 50 % erfolgen. Dies hat zur Folge, dass nach einem solchen „schädlichen“ Anteilseignerwechsel (teilweise) jeder Euro Gewinn, der ab diesem Zeitpunkt entsteht, voll steuerpflichtig ist, obwohl die Gesellschaft in der Vorzeit – und damit mit Blick auf die Total-Periode ihres wirtschaftlichen Schaffens – immer noch Verluste zu kompensieren hat, die eigentlich als Verlustvortrag mit künftigen Gewinnen verrechnet werden müssten.

Hintergrund des § 8 c KStG:

Hintergrund ist der, dass die Finanzgesetzgebung Missbrauch befürchtet, da verlustträchtige GmbH-Mäntel von Unternehmen gekauft würden, um künftige Gewinne gegen Verlustvorträge, mit denen das „neue“ Geschäft inhaltlich nichts mehr zu tun habe, verrechnen zu können, und damit der Steuerzahlungspflicht rechtsmissbräuchlich zu entgehen versucht werde. Tatsächlich aber gibt es genug Konstellationen, in denen der Anteilseignerwechsel nichts mit Gestaltungsmissbrauch und auch nichts mit Missbrauch alter Verlustvorträge zu tun hat. Entsprechend kritisch wurde die Regelung gewürdigt. Der Gesetzgeber hat mit verschiedenen Maßnahmen versucht, das als ungerecht erkannte Ausmaß dieser Norm einzufangen, was ihm aber an vielen Ecken bislang noch nicht gelungen ist. Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht einen ersten Schlussstrich unter die Norm gezogen:

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes:

Das Bundesverfassungsgericht hat die Klausel insoweit für verfassungswidrig erklärt, als bei einem Anteilseignerwechsel zwischen 25 % und 50 % der Verlustabzug teilweise verloren geht. Die Begründung ist so einfach wie einleuchtend, was nicht gerade ein gutes Licht auf den Gesetzgeber wirft: Der Anteilseignerwechsel in diesem Korridor – das war nun mal der Fall, der dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurde – ändere nichts daran, dass die Gesellschaft selbst, die den Verlustvortrag zu tragen hatte, unverändert auch nach dem Anteilseignerwechsel der wirtschaftlich Belastete bleibe, und damit Anspruch darauf habe, die Verluste gegenüber künftigen Gewinnen verrechnen zu dürfen. Der Anteilseignerwechsel rechtfertige keinen Eingriff in dieses konsistente und verfassungsmäßig gebotene System.

Ausblick nach der Entscheidung:

Die Worte des Verfassungsgerichts sind ungewohnt deutlich und knapp und zeigen dem Gesetzgeber einmal mehr die Schranken auf, die er hoffentlich in Zukunft beachten wird. Es ist zu vermuten, dass das Verfassungsgericht auch bei einem Anteilseignerwechsel größer 50 % die Norm als verfassungswidrig bewerten wird, so dass der Gesetzgeber wohl schnellstmöglich eine Neuregelung zu entwickeln versuchen wird. Die Gefahr, dass die Norm auch trotz der bisherigen Änderungsversuche durch den Gesetzgeber verfassungswidrig bleibt oder ist, dürfte für den Gesetzgeber zu groß sein.

Für den Steuerpflichtigen ist dies vorerst noch keine abschließende Erlösung, da die Norm zumindest in den Teilen, die das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden hatte, weiterhin Wirkung behält. Hier muss – wie auch bisher – mit Fingerspitzengefühl und größter Sorgfalt versucht werden, die Rechtsfolgen der einen Anteilseignerwechsel sanktionierenden Norm einzufangen.

Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.