Direkt zum Inhalt wechseln

Schenkung von gewerblich geprägten Gesellschaftsanteilen

Die gewerblich geprägte Gesellschaft, die aus dem Ertragsteuerrecht kommt und in § 15 Abs. 3 EStG ihre Grundlage findet, ist ein häufig genutztes Instrumentarium nicht zuletzt zur Erreichung steuerlicher Ziele: Mit ihrer Begründung entsteht unabhängig von der inhaltlichen Tätigkeit der Gesellschaft eine gewerbliche Einkünfteprägung, so dass Vermögen, das der Gesellschaft gehört, steuerlich verstrickt ist und bilanziert werden muss. Es entsteht so genanntes Betriebsvermögen, dessen Vorliegen bei der einen oder anderen rechtlichen Gestaltung vorausgesetzt wird. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, eine privat genutzte Immobilie, die länger als 10 Jahre im Bestand gehalten wurde, in eine gewerblich geprägte Gesellschaft einzubringen – also im Austausch für die Gewährung von Gesellschafterrechten zu übertragen –, weil dies ertragsteuerlich wie der Verkauf und der Ankauf der Immobilie gewertet wird, wobei der Verkauf nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerlich neutral bleibt, während der Ankauf Abschreibungspotential für die Zukunft schafft (Anschaffungsvorgang, wie beim Erwerb von fremden Dritten, sog. AfA-Step-up).

 

Bis zur Erbschaftsteuerreform 2009 hatte das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Gesellschaft zudem erbschaft- und schenkungsteuerliche Vorteile eröffnet, weil seinerzeit eine erbschaftsteuerliche bzw. schenkungsteuerliche Privilegierung alleine an das Tatbestandsmerkmal des Betriebsvermögens anknüpfte, selbst wenn es nur durch eine gewerblich geprägte Gesellschaft begründet werden konnte. Das ist seit 2009 nicht mehr so.

 

Es gibt also viele gewerblich geprägte Gesellschaftsstrukturen, die möglicherweise ihren Grund in einer Vergangenheit finden, die zumindest teilweise durch das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht 2009 überholt ist. Das wäre noch nicht so schlimm, wenn nicht der Gesetzgeber mit § 50 i EStG eine Norm geschaffen hätte, deren Bedeutung für gewerblich geprägte Gesellschaften gewaltig ist, aber kaum ins Auge springt. Denn die Vorschrift soll primär im Falle von gewerblich geprägten Gesellschaften mit Auslandsberührung vermeiden, dass dem Fiskus Steuerpotential verloren geht (der Hintergrund liegt in „Regelungslücken“ der Doppelbesteuerungsabkommen). Wie so oft erfasst die Regel allerdings schrotflintenmäßig auch Inlandsfälle, um die es bei der Gesetzesgrundlage gar nicht ging:

 

Nach § 50 i EStG werden nämlich – ungeachtet der Fälle mit Auslandsberührung – nach Abs. 2 S. 2 auch bei unentgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern oder des Mitunternehmeranteils an einer solchen Personengesellschaft die Rechtsfolgen des § 50 i EStG ausgelöst, die da heißen: Die stillen Reserven sind im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung zu versteuern!

Voraussetzung ist allerdings, dass die Gesellschaft vor dem 29.06.2013 ohne Aufdeckung von stillen Reserven mit Wirtschaftsgütern eines anderen Betriebsvermögens oder wesentlichen Kapitalgesellschaftsanteilen i.S.d. § 17 EStG ausgestattet wurde.

Das bedeutet: Hatte der Vater im Jahre 2008 eine Immobilie im Wert von 3 Mio. EUR ohne die Aufdeckung stiller Reserven aus seinem Sonderbetriebsvermögen in eine gewerblich geprägte Gesellschaft übertragen und möchte er nunmehr seinen Anteil an der gewerblich geprägten Gesellschaft an seine Tochter schenken, dann deckt diese Übertragung, obwohl sie unentgeltlich erfolgt und grundsätzlich die stillen Reserven auf den neuen Rechtsträger zu Buchwerten überspringen sollen, wegen § 50 i EStG die stillen Reserven im Grundstück auf!

Die Finanzverwaltung hat die überbordende Bedeutung der Norm erkannt und versucht, mit einem BMF-Schreiben und der Möglichkeit eines Billigkeitserlasses gegenzusteuern, was allerdings nicht umfänglich befriedigt: So sieht der Billigkeitserlass vor, dass der Rechtsnachfolger eine natürliche Person sein muss, womit jede Übertragung auf eine Stiftung im Rahmen eines Billigkeitserlasses ausscheidet. Zudem setzt der Erlass voraus, dass Schenker und Beschenkter den Antrag auf Billigkeitserlass gemeinsam stellen, was eine unnötige Hürde aufbaut, z.B., wenn der Schenker mittlerweile verstorben oder aber Streit zwischen den Parteien aufgetreten ist. Schließlich bindet ein solcher Erlass nur die Behörden, nicht aber die Gerichte, die sich an den zu weit gefassten Wortlaut der Norm zu halten haben.

Für die Praxis bedeutet dies, dass jede Übertragung einer gewerblich geprägten Gesellschaft auf die Auswirkungen des § 50 i EStG hin zu überprüfen ist, bevor ungewollt und unerkannt trotz einer unentgeltlichen Übertragung stille Reserven aufzudecken sind und eine Ertragsbesteuerung greift, die einem nur im Billigkeitswege – vielleicht – genommen werden kann.

Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.